BMW X6: Sportwagen mit Geländepotenz


Die bullige Front mit der extra großen Niere und den mächtigen Lufteinlässen hat der Neue von dem SUV BMW X5 geerbt, mit dem er sich auch einen großen Teil der Technik teilt. Der Rest der auf ihren großen 19-Zoll-Felgen sehr hoch liegenden Karosserie erinnert eher an das Coupé der 6er-Reihe: Die zum Heck ansteigende Fensterlinie und die seitliche Sicke sorgen für eine sportliche Keilform, auch die recht kleinen Seitenfenster und das abfallende Dach brechen mit der üblichen SUV-Optik. Das Fließheck des Fünftürers endet in einem kleinen Bürzel, am unteren Ende finden sich ein Diffusor und doppelte Endrohre. Gegenüber dem X5 ist der X6 mit 4,88 Meter drei Zentimeter länger, mit 1,98 Meter fünf Zentimeter breiter, aber mit 1,69 Meter vier Zentimeter niedriger.


Wer den Fahrersitz erklommen hat und die Tür schließt, fühlt sich durchaus wie in einem Sportwagen. Die kleinen Fenster, das niedrige Dach, die hohen Seitenwände und die recht tief liegende Sitzfläche lassen die geländegängigen 21 Zentimeter Bodenfreiheit des Fünftürers schnell vergessen. Die Passagiere der ersten Reihe nehmen in vielfach elektrisch verstellbaren Sesseln Platz, im Fond finden sich zwei stark konturierte Einzelsitze, die von einer breiten Mittelkonsole getrennt sind. Dort herrscht ordentliche Knie- und Schulterfreiheit, Hochgewachsene stoßen mit dem Kopf allerdings recht schnell an den Dachhimmel. Unter der großen Heckklappe tut sich ein langer, aber recht flacher Laderaum auf. Zwischen 570 Litern und 1 450 Litern Gepäck passen je nach Sitzkonfiguration hinein. Im X5 sind es bis zu 300 Liter mehr.


Bei der Fahrt erinnert nichts an ein übergewichtiges und schwerfälliges SUV. Schon der X5 fährt sich für ein Auto seiner Größe handlich, der X6 legt noch eine Idee zu. Denn der bereits bekannte permanente Allradantrieb mit hecklastiger Auslegung verteilt erstmals die Antriebskraft nicht nur zwischen den Achsen, sondern je nach Bedarf über eine zusätzliche Lamellenkupplung auch zwischen den beiden Hinterrädern. Das steigert die Agilität: Der immerhin 2,1 Tonnen schwere Wagen dreht sich leichtfüßig um jede Kurve. Geht es beispielsweise rechts herum, erhält das kurvenäußere Hinterrad blitzschnell mehr Drehmoment. Wie bei einem Ruderboot dreht sich das Fahrzeug dadurch leicht ein und kurvt deutlich flinker ums Eck. Zudem steigert sich die Fahrstabilität, denn die variable Kraftverteilung wirkt wie ein umgekehrtes elektronisches Stabilisierungsprogramm (ESP); droht etwa das Heck auszubrechen, erhält das kurveninnere Rad mehr Antriebskraft. Der Fahrer bekommt davon weiter nichts mit, kann aber über die Bordcomputeranzeige die Kraftverteilung in Echtzeit verfolgen.


Bei den Motoren feiert der neue V8-Twin-Turbo-Ottomotor mit 300 kW/407 PS Premiere, der zum Jahresende auch in der neuen Oberklasselimousine der Münchner zum Einsatz kommen wird. Erstmals trägt das Triebwerk seine beiden Turbolader im V-förmigen Zwischenraum der beiden Zylinderreihen, was Platz unter der Motorhaube spart. Die doppelte Aufladung sorgt für ein bereits bei niedrigen 1 750 Touren anliegendes maximales Drehmoment von stolzen 600 Nm. Daraus resultiert eine souveräne und allzeit abrufbare Kraft, die den Offroad-Boliden in 5,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 sprinten lässt. Und auch Zwischenspurts bei höherem Tempo ermöglicht das 4,4 Liter große Aggregat mit Leichtigkeit und bulliger Durchzugskraft. Die serienmäßige Sechsgang-Automatik unterstützt das aufmerksam mit schnellen und kaum spürbaren Übersetzungswechseln. So viel Kraft erhöht den Durst: 12,5 Liter Super Plus auf 100 Kilometern gibt der Hersteller als Durchschnittsverbrauch an, was unter idealen Bedingungen und mit zurückhaltendem Gasfuß auch erreichbar ist. Normalerweise dürften aber im Schnitt gut zweieinhalb Liter mehr durch die Direkteinspritzung schießen.


Alternativ ist auf Benzinerseite der 225 kW/306 PS starker 3,0-Liter-Reihensechszylinder mit Twin-Turbo-Aufladung zu haben, der unter anderem aus der BMW 3er-Reihe bekannt ist. Bei den vor allem in Europa gefragten Dieselmotoren stehen zwei auch im X5 erhältliche 3,0-Liter-Sechszylindertriebwerke mit 173 kW/235 PS und 210 kW/286 PS zur Wahl.


Preislich liegt der X6 rund 3 000 Euro über dem X5, was durch einige zusätzliche Ausstattungsdetails jedoch wieder etwas ausgeglichen wird. Trotzdem gibt es hier - wie bei Coupés üblich - weniger Auto für mehr Geld: Der Kofferraum ist kleiner, ein fünfter Passagier findet keinen Platz, die Kopffreiheit im Fond ist eingeschränkt. Wer mit dem geringeren Platzangebot auskommt und gleichzeitig eine Mischung aus Gelände- und Sportwagen bevorzugt, findet im X6 das richtige Fahrzeug.