Knigge

Frau darf wieder Bein zeigen

Seit zehn Jahren gibt es einen Boom der Knigge-Seminare. Resultat: Die Leute können sich jetzt zwar besser benehmen, übertreiben aber gerne und neigen zu einem gewissen übertriebenen Formalismus. Sie werden steif und förmlich, verlieren ihre Natürlichkeit, Wärme und Herzlichkeit.

Viele Führungskräfte predigen nun Stil und Etikette, gute Umgangsformen, agieren dabei aber selbst eiskalt, berechnend, taktierend und unethisch. Teilweise wird Knigge heutzutage als Waffe gegen jene benutzt, die sich mit Knigge nicht auskennen. „Gerade das wollte Adolf Freiherr von Knigge eben nicht“, so Dr. Hans Michael Klein, Vorsitzender der Deutschen Knigge Gesellschaft (DKG) Bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der DKG am vergangenen Wochenende auf Schloss Eringerfeld bei Paderborn diskutierten die Expertinnen und Experten kontrovers, ob zum Beispiel das geächtete „Prost“ wieder zugelassen werden darf. „Natürlich, man muss doch unterscheiden, ob ich mich im Bierzelt, in einer Gaststätte oder bei einem gehoben Anlass befinde“, erklärt der bei der Hauptversammlung in den Vorstand der Deutschen Kniggegesellschaft gewählte Tanzschulinhaber Matthias Geist vom Tanzstudio Geist. „Im Wirtshaus wird sich das von vielen geliebte „Prost“ oder „Guten Appetit“ nach wie vor halten.

Aber es kommt darauf an, genau zu wissen, wann Lockerheit und wann Formelles angebracht ist“, so Matthias Geist. Auch das Thema, ob Nylonstrümpfe für Frauen bei hochsommerlichen 30 Grad tatsächlich immer noch Pflicht bleiben sollen, wurde heiß erörtert. Mit Spannung verfolgten diese Diskussion vor allem die anwesenden Journalistinnen. „Im sommerlichen Kleid dürfen die Damenstrümpfe weggelassen werden“, erklärt Sascha Schlenz, ebenfalls Tanzlehrer im Tanzstudio Geist und IHK - Zertifizierter Trainer für Umgangsformen im Beruf, „aber das setzt topgepflegte Beine und Füße bei den Damen voraus. Zum Kostüm und im Businessbereich gilt aber weiterhin: Strümpfe müssen sein, ist im Sommer die Hitze auch noch so groß“.